Epilepsie-Lehrerpaket

5.8.2 Epilepsien und Glaube

Die Verbindung von Religion und Epilepsie ergibt sich sowohl unmittelbar aus dem Anfallsgeschehen und der Betroffenheit des Epilepsiekranken als auch aus der Sicht des Beobachters.

Heftige Anfälle lösen Ängste aus, unwillkürliche Reaktionen (Zucken, Schreien, Speichelfluss) werden immer noch in Beziehung zum Okkulten, zum Dämonischen und damit zur "Besessenheit" gesehen.

Dämonen und Teufel sind in vielen künstlerischen Bearbeitungen des Themas sichtbar. Votivtafeln spiegeln den Gedanken an Erlösung von dem Bösen.

Eine Leserzuschrift eines Betroffenen an die Zeitschrift "Einfälle": "Nach einer persönlichen Schuldzuweisung, dem Vorwurf eines sündigen Lebens - Epilepsie als Strafe Gottes - bis hin zur Dämonisierung wird der arme Kranke dann verurteilt, wenn das Ziel - eine völlige Heilung durch Gebet - nicht in kurzer Zeit erreicht wird. "

Tragische Einzelgeschehnisse mit misslungenem Exorzismus sollten nicht überbewertet werden, zeigen aber, dass Menschen immer wieder einer kompetenten fachärztlichen Betreuung nicht zugeführt werden.

Biblische Hinweise auf Epilepsien sind reichlich gegeben und wissenschaftlich kommentiert. So werden im Alten Testament Sauls Gewaltausbrüche in Verbindung mit Epilepsie gebracht (1 Sam 16 und 18). David simuliert einen epileptischen Anfall bei den Philistern (1. Sam 21,11-15). Er tobte "... vor ihnen irrsinnig und gebärdete sich unter ihren Händen wie ein Rasender. Er trommelte gegen die Torflügel und ließ seinen Speichel in seinen Bart fließen." (vgl. Schneble 1996, Epilepsie-Blätter 9).

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Abbildung Epilepsie im Bild (Geigy-Pharma)
Aufschlussreicher ist jedoch die Heilung eines epilepsiekranken Jungen durch Jesus in Markus 9,14-29 (sh. Bild):

  1. Und sie kamen zu den Jüngern und sahen viel Volk bei ihnen und Schriftgelehrte mit ihnen diskutieren.
  2. Und da die ganze Menge ihn sah, erschraken sie sofort und liefen ihm entgegen und begrüßten ihn.
  3. Und er fragte sie: "Was diskutiert ihr mit ihnen?"
  4. Und es antwortete ihm einer aus der Menge: "Lehrer, ich habe meinen Sohn zu dir gebracht; er hat einen sprachlosen Geist.
  5. Und wo immer er ihn packt, reißt er ihn und er schäumt und knirscht mit den Zähnen und wird starr. Und ich habe zu deinen Jüngern gesagt, dass sie ihn austreiben sollen, und sie konnten es nicht."
  6. Er aber antwortete ihnen und sagte: "O ungläubiges Geschlecht - bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen? Bringt ihn zu mir!"
  7. Und sie brachten ihn zu ihm. Und als ihn der Geist sah, riss er ihn sofort zusammen und er fiel zu Boden und wälzte sich schäumend.
  8. Und er fragte seinen Vater: "Wie lange Zeit geht das schon so mit ihm?" Er aber sagte: "Von Kindheit an."
  9. Und häufig hat er ihn auch ins Feuer geworfen und ins Wasser, um ihn zu vernichten. Aber wenn du kannst, hilf uns aus Erbarmen mit uns!"
  10. Jesus aber sagte zu ihm: "(Was soll) das "Wenn du kannst?" "Alles ist möglich dem, der glaubt."
  11. Sofort schrie der Vater des Kindes und sagte: "Ich glaube! Hilf meinem Unglauben."
  12. Als aber Jesus sah, dass das Volk zusammenläuft, bedrohte er den unreinen Geist und sagte zu ihm: "Sprachloser und tauber Geist, ich befehle dir: Fahre aus ihm aus und kehre nicht mehr in ihn zurück!"
  13. Und er schrie auf, riss ihn vielmals und fuhr aus. Und er wurde wie tot, so dass viele sagten: "Er ist gestorben."
  14. Jesus aber fasste ihn an der Hand und richtete ihn auf und er stand auf.
  15. Und als er ins Haus ging, fragten ihn seine Jünger allein: "Warum konnten wir ihn nicht austreiben?"
  16. Und er sagte ihnen: "Diese Art kann durch nichts ausfahren, außer durch Gebet."

Die Aussagen des Vaters in diesem biblischen Wunder sind so detailliert, dass die Verlaufsform eines generalisierten tonisch-klonischen Krampfanfalls von Fachleuten unschwer erkannt werden kann. Prof. Dieter Janz, einer der anerkanntesten Wissenschaftler zum Themenkreis Epilepsie, hat im Rahmen einer Predigt zum Tag der Epilepsie 1996 dieses Gleichnis nicht nur einer medizinischen Analyse unterzogen, sondern dieses Wunder als Arzt gleichsam in die Thematik bedingungslosen Glaubens und der Nachfolge Jesu gestellt (Janz 1997, Epilepsie-Blätter 10).